Liebe Leserin, lieber Leser, erst war er der Vorkämpfer für Lockerungen der Corona-Maßnahmen, jetzt musste er einige Tage nach Bekanntwerden des Corona-Ausbruchs in Gütersloh einen harten Lockdown in zwei Landkreisen verhängen: Der Kurs von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet wirft Fragen auf. Mein Kollege Maximilian Plück hält der Landesregierung in seinem Leitartikel vor, sich hier in Widersprüche zu verstricken. Bayern hat übrigens prompt die Beherbergung von Menschen aus den betroffenen NRW-Landkreisen untersagt. „Das ist eine Schutzmaßnahme, die wir für wirklich notwendig halten“, teilte Staatskanzleichef Florian Herrmann nach einer Kabinettssitzung mit. Das „Wir“ meint vor allem Kabinettschef Markus Söder (so ist das im Freistaat), und daher handelt es sich um begründete Vorsicht, vielleicht aber auch um eine kleine Perfidie im Rennen ums Kanzleramt – und im Zweifel um beides. Auch in einem weiteren Leitartikel sind kritische Töne über die NRW-Landesregierung zu lesen – dahinter steckt keine politische Absicht, sondern es ist schlicht so, dass Regierungshandeln gerade in diesen Zeiten weitreichende Folgen hat und deswegen stärker Gegenstand der Auseinandersetzung sein muss. Unsere Wirtschaftschefin Antje Höning kritisiert, dass die Schulen in der Corona-Krise mit zu viel Bürokratie zu kämpfen haben. „Die Schulministerin muss über die Sommerferien noch viele Hausaufgaben machen“, schreibt sie. Wie sich Yvonne Gebauer selbst zu den Herausforderungen äußert und was sie konkret plant, hat Kirsten Bialdiga zusammengetragen. Noch stecken wir mitten in der Corona-Krise, wie sich in den Fleischbetrieben genauso zeigt wie in den Schulen. Mein Kollege Philipp Jacobs, der seit Monaten über nichts anderes schreibt, hat eine lesenswerte Zwischenbilanz gezogen. Es ist ein langer, differenzierter Text. Dass Deutschland relativ glimpflich durch die eigentliche Pandemie gekommen zu sein scheint, habe auch mit Glück zu tun. Aber wir lernen nicht aus: Wolfram Goertz berichtet unter Berufung auf mehrere Studien, dass Infizierte später nicht zwingend immun gegen eine Corona-Infektion sind. Aber nochmal zurück zum Fleisch. Unser Sportchef Gianni Costa argumentiert in seiner Analyse, Clemens Tönnies habe sich nun einen Skandal zu viel geleistet und sei als Aufsichtsratschef bei Schalke nicht mehr zu halten. Die Glaubwürdigkeit des Vereins, der die Fans seit Generationen zusammenschweißt, stehe auf dem Spiel. „Die Würde der Schalker sollte unantastbar sein.“ Apropos Würde: Unsere Berliner Korrespondentin Kristina Dunz hat in einer Analyse ein Sittengemälde unserer Zeit skizziert. Ihr fällt die Aggressivität auf, die unsere Gesellschaft zu bestimmen scheint. „Deutschland, du wunderbares Land, du reicher, starker Staat, du fürsorgliche Heimat, was ist los mit dir?“, lautet ihre Frage, auf die wir Antworten finden sollten. Aber lesen Sie selbst. Bis hierhin hatte wieder mal alles, mindestens mittelbar, mit Corona zu tun. Das ist bei Wirecard anders: Der Bezahldienstleister, der noch im Dax gelistet ist, erlebt einen der größten Bilanzskandale der deutschen Geschichte – und das hat überhaupt nichts mit einem Virus zu tun. Es sei denn, man sieht Geldgier als ansteckende Krankheit. Die Details rund um den Fall Wirecard hat mein Kollege Georg Winters recherchiert. Falls Sie sich jetzt nach einer schönen Geschichte fürs Herz sehnen, bitte sehr: In Leverkusen sorgt man sich gemeinschaftlich so sehr um den jungen Nachwuchs mehrerer Steinkauzfamilien, dass eine Straßenkreuzung für vier Wochen gesperrt wird, wie Merlin Bartel berichtet. Mich erinnert das an die Graugänse, die bei mir in der Nachbarschaft nonchalant Straßen in Beschlag genommen haben, als der Straßenverkehr coronabedingt zurückging. Das ist inzwischen zwar wieder vorbei, aber keine Angst: Ich werde keine Eulen nach Düsseldorf tragen. Herzliche Grüße! Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |