Liebe Leserin, lieber Leser, gestern Abend ist die Bundesliga in die Rückrunde gestartet, es geht wieder los. Ich freue mich sehr drauf, aber heute ist ein schwieriger Tag für mich. Nicht alle Menschen müssen sich für Fußball interessieren, aber Chefredakteure schon. Als ich meinen alten Job in Bremen angetreten habe, war mir Fußball ziemlich egal. Aber Werder war Pflicht, und schnell hat mich die grandiose Stimmung in diesem Stadion direkt an der Weser mitgerissen. Ich bin ein Fan geworden, jedenfalls soweit das so spät überhaupt noch geht. Eigentlich heißt es ja, man werde als Fan geboren und könne sich nicht aussuchen, für wen man ist. Michael Bröcker, mein Vorgänger bei der Rheinischen Post, ist ein glühender Fan des 1. FC Köln, warum auch immer. Die Redaktion und Düsseldorf haben es ausgehalten. Heute aber empfängt die Fortuna zum Auftakt ausgerechnet Werder. Neue Heimat gegen alte Heimat, beide brauchen die Punkte dringend. Ich kann nicht plötzlich für Fortuna sein, jedenfalls nicht bei diesem Spiel. Aber in Düsseldorf gefällt es mir so gut, dass ich auch nicht gegen Fortuna sein will. Wer als Fan geboren wurde, kennt einen solchen inneren Zwiespalt nicht. Soll ich mir etwa, gegen alle sportlichen Erwägungen, ein Unentschieden wünschen? Ein Punkt für Fortuna und einer für Werder? Ich lasse es auf mich zukommen und bin nachher im Stadion. Borussia Mönchengladbach hat gestern Abend auf Schalke übrigens den Sieg verpasst und unterlag mit 0:2, aber das wissen Sie bestimmt schon. Unseren Spielbericht finden Sie hier. Vielleicht verzeihen Sie mir den grün-weißen Einstieg, wenn ich Ihnen bei Ihren Finanzen helfe? Wir haben herausgefunden, welche Banken in NRW jetzt auch von Privatkunden Strafzinsen verlangen und wie sie an der Gebührenschraube drehen. Dass es so kommen würde, war lange klar – aber hier finden Sie die Details. Zum ersten Mal haben Sie über den Fall des Bürgermeisters von Kamp-Lintfort, der einen Großen Waffenschein beantragt hatte, hier gelesen. Christoph Landscheidt wurde von Rechtsextremen bedroht, nachdem er Plakate abhängen ließ, die er als volksverhetzend eingeordnet hatte. Unsere Berichterstattung löste eine Welle der Solidarität aus und gab der Debatte über die Sicherheit von Kommunalpolitikern bundesweit Schub. Jetzt hat Landscheidt seinen Antrag zurückgezogen und erhält Personenschutz von der Polizei. Und er will bei der Kommunalwahl auch wieder antreten. In seinem Fall spielt Hoerstgen, ein Stadtteil im Westen von Kamp Lintfort, eine zentrale Rolle. Unser Reporter Christian Schwerdtfeger hat sich dort umgeschaut und ist auf eine 69-jährige Frau getroffen, die keine 50 Meter neben einem einschlägig bekannten Neonazi wohnt, aber nicht klein beigibt. Drohungen kriegt sie häufig, es flog auch schon ein Backstein durch die Terrassenscheibe in ihr Esszimmer. Vielleicht sagen Sie jetzt, Sie haben genug über solche Themen gelesen. Es ist ermüdend. Aber diese Reportage beschreibt, was ist, und das alarmiert mich. Mitten unter uns können Nazis weitgehend ungehindert völlig unbescholtene Bürger terrorisieren: Das kann nicht angehen, finde ich. Lesen Sie hier. Das politische Thema des Wochenendes ist aber – Libyen. Bevor Sie jetzt die Lektüre einstellen: Es geht wirklich um viel. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zu einem Gipfel nach Berlin geladen, teilnehmen sollen unter anderem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der russische Staatschef Wladimir Putin und US-Außenminister Mike Pompeo. Libyen ist in Chaos und Bürgerkrieg versunken, vor allem ist es aber aus deutscher Perspektive ein Schlüsselland auf den Flüchtlingsrouten. Wer Libyen befriedet, kann die Migration von Afrika nach Europa besser steuern. Den Stand der Dinge lesen Sie hier. Zum Schluss müssen wir noch über die Entschärfung einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg reden, die viele Düsseldorfer bis zum frühen Samstagmorgen in Atem hielt. 31.000 Menschen waren betroffen, knapp 12.000 mussten ihre Wohnungen verlassen. Mit ihrer komplizierten Arbeit wollten die Experten vom Kampfmittelräumdienst eigentlich schon am Abend anfangen - am Ende verzögerte sich ihr Einsatz stundenlang, weil sich einige Unbelehrbare weigerten, den Gefahrenbereich zu verlassen. Es ist nicht leicht zu ergründen, was in manchen Menschen vorgeht. Mein Kollege Dominik Schneider war vor Ort und hat die Ereignisse für Sie aufgeschrieben.
Ich hoffe, Sie sind sicher durch diese Nacht gekommen - und wünsche Ihnen ein grandioses Wochenende. Möge Ihr Verein gewinnen! Herzliche Grüße Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |